FOTOGRAFIE DER EINTÖNIGKEIT

Vorwort

Geir M. Brungot ist ein Fotograf, dessen subjektive Expressivität tief in der Landschaft als Ausdrucksmittel verwurzelt ist.

Dennoch steht er auf verschiedenartige Weise zwischen zwei Generationen der norwegischen Fotografie – nämlich zwischen der romantischen Landschaftsfotografie und der eher konzeptionellen Fotografie, die ihren künstlerischen Standpunkt in den 90er Jahren entwickelt hat.

Die Generation norwegischer Fotografen, die die Kunstszene in der 70er Jahren und zu Beginn der 80er Jahre betrat, betrachtet die Fotografie als Medium und entwickelte sie kontinuierlich in diesem Sinne weiter. Diese Fotografen finden ihre Inhalte in der Schwarz-Weiß-Fotografie und hauptsächlich im Formalismus.

In Geir M. Brungots Landschaften findet sich fast immer eine Spur menschlichen Eingreifens und zwar als zufällige Struktur, scheinbar ohne Sinn. Diese Manipulationen zeigen sich in derart alltäglichen und eintönigen Dingen, wie sie oft von uns unbemerkt bleiben: Schilder, Lichtanlagen, der von sich geworfene Stiefel, Leitungen oder Gebäude ohne traditionell ästhetischen Wert. Dennoch sind sie notwendiges Beiwerk zum Verständnis der Idee, die hinter der Landschaft in diesen Fotografien steht.

Diese Landschaften sind von einer solchen Kategorie, die die meisten von uns übersehen oder an denen wir einfach vorüberfahren. Sie sind nicht an einen bestimmten Ort gebunden; somit hat Brungots Standort in Sunnmøre keine andere Bedeutung, als Zustände zu finden, die für alle, an welchem beliebigen Ort sie sich auch befinden mögen, generalisierbar sind.

Diese Fotografien haben eine wehmütig-melancholische Distanz, wobei die Bilder zwischen einem eintönig registrierenden Zug und der heiteren Entdeckung einer poentierten Komposition wechseln.

Die Bilder Geir M. Brungots unterscheiden sich von der norwegischen Kunstfotografie der 80er Jahre durch ihre alternative Ästhetik und antiromantische Haltung zum Landschaftsmotiv als Symbol für Gefühle und Zustände.

Die Tristesse in den Bildausschnitten wird mit einem entwaffnenden Humor betrachtet. Das, zusammen mit den Spuren scheinbar zufälliger Manipulation durch den Menschen, gibt diesen Bildern einen distanzierten und konzeptionellen Zuschnitt – so können die formalen Effekte in genau der angstvollen Existenzbewußtheit wirken, die sie zu vermitteln haben.

Das ist ein Phänomen, das Geir M. Brungot von Anfang in seiner Bildsprache entwickelt hat, also seit der Zusammenarbeit mit seinem Lehrmeister Lewis Baltz in der Serie ”Manskape”.

Mit der Aufnahmen von Müllhaufen in der Landschft der Lofoten war er damals mehr naiv und direkt in der Formsprache und er bezog einen gesellschaftlichen Aspekt in seine Arbeiten ein.

Nun ist die Formsprache pesönlicher und mehrdeutig. Die Freude, zu sehen und anzubilden, ist heute wie damals präsent, aber das soziale Engagement ist zu Gunsten einer eher existentiellen Haltung zum Motiv gewichen. Hierbei erfährt das Angsteinflößende, Zufällige und Sinnlose als Zustand in der Umwelt und in der gewachsenen Landschaft eine höhere Bedeutung.

Stein Koksvik, Oslo 10.02.2002